#9 - Karate-Training braucht ein Leben lang
Bedeutung im Karate-Do:
Ein typisches Denkmuster vieler Karateschüler ist, dass sie sich am Anfang oft schwertun und verzweifeln ("Ich habe keine Ahnung, wie man all diese Katas und Techniken lernen soll"), dann werden sie mit dem Erlernen von mehreren Katas und Techniken selbstbewusster, und mit z.B. einem grünen Gürtel sind sie bereits sehr zufrieden mit ihrem Wissen und glauben, genügend zu wissen. Manche werden gar überheblich. In unserem Verein, wie in vielen anderen, rückt man dann mit dem ersten blauen Gürtel in die Oberstufe auf und gehört plötzlich wieder zu den am wenigsten erfahrenen Teilnehmenden. Plötzlich finden sie sich wieder am Anfang, die Techniken und viele Katas sind neu und sie fangen wieder an zu zweifeln.
Das ist die Zeit, in der wir normalerweise viele Schüler verlieren. Sie wollen einfach nicht wieder als die niedrigste Person in der Gruppe anfangen, als jemand der noch so viel zu lernen hat.
Der nächste kritische Punkt ist, wenn die Schüler ihren ersten schwarzen Gürtel erreichen, den Dan- oder Meistergrad. Jetzt ist ihr Hauptziel erreicht und man sieht keinen Unterschied in der Farbe des Gürtels, wenn man den 2., 3., oder 4. Dan macht. Sie sind jetzt selbst auf der Meisterebene und ab jetzt ist es nicht mehr so wichtig einfach nur für den nächsten Gürtel zu lernen, man sollte seinen eigenen Karateweg finden – mit dieser Aufgabe tun sich viel schwer und sie hören dann langsam lieber ganz auf.
Die übrigen Schüler und Meister haben in der Regel den "Karate-Virus" und wollen es wirklich für den Rest ihres Lebens lernen und üben.
Eine sehr wichtige Erfahrung, die man als Meister in der Regel macht: Je mehr wir gelernt haben, desto mehr sehen wir, was wir noch nicht wissen. Einige sehr hoch graduierte Meister sagen sogar: nach 30 Jahren Karate kennst du die Grundlagen und kannst anfangen, dich zu verteidigen, aber du musst noch viel lernen und ein Leben reicht definitiv nicht aus, um alles zu lernen.
Bedeutung in meinem Berufsleben:
Die Karate-Elemente wie Kata und Kihon haben eine sehr lange Tradition und ein Sensei unterrichtet seine Schüler genauso, wie er es vor vielen Jahren gelernt hat.
Im Berufsleben, insbesondere in der IT-Branche, haben wir die große Herausforderung, dass sich alles so schnell ändert, dass es schwer ist, überhaupt zu erkennen, was man am besten neu lernen sollte und was bereits veraltet ist.
Wie kannst du deine Projekte umsetzen und trotzdem Zeit finden, nach neuen Dingen Ausschau zu halten oder sogar Neues lernen? Die wahre Meisterstufe im Berufsleben besteht darin, ein Meister darin zu werden, die Zeit richtig aufzuteilen die du für die Bewertung neuer Technologien, für das Erlernen der vielversprechendsten Themen, für die Durchführung deiner Projekte mit einer innovativen, aber dennoch ausgereiften Technologie aufwendest.
Das geht in der Regel nicht allein, du braucht ein gutes Netzwerk, das du nutzt, um Erfahrungen auszutauschen, in dem verschiedene Menschen unterschiedliche Themen ausprobieren und ihre Erfahrungen teilen. Spreche offen über Anti-Patterns und schlechte Erfahrungen, die du gemacht hast, bitte Experten, ihre Best Practices zu teilen, usw.
Und ganz wichtig, man lernt nie aus! Ich habe so oft gehört: "Ich bin zu alt für diese neuen Sachen, warum sollte ich jetzt anfangen, es zu lernen, ich habe es immer anders gemacht..." - hier geht es um die richtige Einstellung - man ist nie zu alt, um mit dem Lernen zu beginnen, es ist ein lebenslanges Lernen wie im Karate-Do.
